Mein Ordner mit Entwürfen für diesen Blog ist voller Rezepte und Fotos, aber ich komme mit dem Schreiben nicht hinterher. Vor eineinhalb Monaten habe ich nämlich angefangen, einen neue Fremdsprache zu lernen. Und jetzt schwirrt und dampft es in meinem Kopf, weil ich versuche, mir Personalpronomen, Possessivsuffixe, Verbformen, Wochentage und Zahlen zu merken. Drei Wochen lang habe ich außerdem das rollende /r/ geübt, abends im Bett oder auf dem Weg zum Kindergarten. Da kommt wieder diese Frau, die komisch vor sich hin gurgelt, haben die Leute wohl gedacht. Aber es musste sein, diesmal wollte ich es lernen, obwohl ich es schon vor Jahren, ehrlicherweise etwas voreilig, aufgegeben hatte. Das wirre Gemurmel hat sich gelohnt, ich rolle jetzt oft, wenn auch nicht in allen Wörtern. Aber vielleicht wird es noch. (Dieses und dieses Youtube-Video haben mir sehr geholfen.) Und das /r/ war auch nicht das Schwierigste. Das Schwierigste war, wieder Lesen und Schreiben zu lernen. Denn meine neue Fremdsprache ist Arabisch.
Sprachen zu lernen fiel mir nie besonders schwer – Latein war die einzige Ausnahme, allerdings lag das wohl daran, dass man sich mit niemandem unterhalten konnte und gehäuftes Übersetzen von Texten auch nicht das Gelbe vom Ei war – und deshalb habe ich mir vor Kursbeginn nicht viele Gedanken gemacht. Ein bisschen lesen, ein bisschen Smalltalk. Aber wie man da hinkommt, habe ich mir nicht überlegt. Erstmal entziffern. Dann schreiben üben. Lesen ist schwierig, weil kurze Vokale nicht mitgeschrieben werden, und man sie sich dazudenken muss. Und ganz nebenbei die Aussprachefeinheiten hören und reproduzieren. Wenn man die nicht kann, versteht einen kein Mensch. Im Deutschen macht es keinen Unterschied, ob ich das /r/ rolle oder nicht. Im Arabischen macht es oft zwei verschiedene Wörter. Und nicht nur beim /r/, sondern bei vielen Konsonanten. Benutzt man die falsche Variante, sagt man statt Biene dann Palme, statt Herz Hund. In unserem Kurs machen wir sehr viel Grammatik, deshalb komme ich beim Sprechen noch nicht über „Guten Morgen! Wie gehts?“ und „Auf Wiedersehen! Bis später!“ hinaus. Ich glaube, unser Lehrer versucht, uns einen Gesamtüberblick zu geben, uns ganz allgemein damit vertraut zu machen, wie diese Sprache funktioniert. Das ist trocken, aber ich weiß auch, dass es langfristig sehr nützlich ist. Bisher habe ich nämlich nur Sprachen gelernt, die entweder mit Latein (Spanisch), mit Deutsch und Latein (Englisch) oder mit Deutsch (Norwegisch) verwandt waren, so dass ich immer gleich sehr viele Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten finden konnte. Ich war mit dem System, nachdem diese Sprachen funktionierten, vertraut. Jetzt ist sehr vieles ganz anders und ein Überblick ist gut. Selbst wenn es mal nicht anders ist, die fremde Schrift kompliziert und verlangsamt alles noch mehr. Sie führt manchmal zu Fehlern, nur weil ich das, was in schwungvoll ausgeführter, aber nachlässig krakeliger Handschrift an der Tafel steht, nicht lesen kann. Weil wir eben nicht Monate, sondern nur ein paar Stunden mit Schreiben und Lesen verbracht haben. Weil viele Lehrbücher die standardisierte Druckschrift abdrucken, statt die Handschrift zu erklären. Vielleicht sollte ich lieber mit Schulkindern in die erste Klasse einer Arabischschule gehen.
Für letzte Woche war ein kleines Diktat angekündigt und deshalb habe ich am Sonntag davor immer wieder Buchstaben geübt. Irgendwann fragte jemand aus meiner Familie vorsichtig, was denn mit dem Rhabarber sei, der da schon ewig in der Küche rumstehe. „Wolltest Du nicht einen Kuchen machen?“ Ja, wollte ich. Aber was für einen bloß? Selbst die Ideen waren mir ausgegangen. Nur noch arabische Buchstaben im Kopf. Also habe ich mich auf meinem Blog umgeschaut – dafür ist er ja eigentlich da – und eine Rhabarbertarte gefunden, deren Rezept ich vor vier Jahren (wow) und nur auf Englisch veröffentlicht habe. Für den Kuchen habe ich damals Löwenzahnhonig benutzt. Der scheint zwar wieder in Mode gekommen zu sein, trotzdem ist er nicht für viele Leute zugänglich. (Ich habe ihn auf dem Markt gekauft, man kann ihn auch leicht selbermachen.) Also eine gute Gelegenheit, das Tarterezept etwas zu vereinfachen und außerdem in zwei Sprachen aufzuschreiben. (Keine Angst, Arabisch ist nicht dabei.)
Ich mag diese Art von Rhabarberkuchen sehr gerne, sie ist sehr einfach zu backen und ich liebe den stark säuerlichen Geschmack der Füllung. Um dann doch noch etwas Besonderes aus der Tarte zu machen, habe ich sie mit abgeflämmtem Baiser dekoriert. Das hört sich kompliziert an, ist aber nur Marshmallowcreme, die kurz mitgebacken wird. (Sie wird dabei allerdings nicht fest, wie man das von herkömmlichem Baiser gewohnt ist.) So ergibt sich eine sehr süße, klebrige Garnierung, die eine tolle Alternative zu Schlagsahne darstellt und sehr gut zu der säuerlichen Kuchenfüllung passt.
Hinweise: Das Kokosfett im Teig kann durch Kokosöl ersetzt werden. Ihr solltet allerdings bedenken, dass Kokosöl im Gegensatz zu Kokosfett tatsächlich nach Kokos schmeckt. Eine weitere Alternative ist Margarine. Wer sich die Baisergarnierung sparen möchte, kann den Kuchen auch ohne servieren. Oder doch mit Sojaschlagsahne, Kokossahne, etc. Für die Marshmallowcreme sollte noch beachtet werden, dass der Puderzucker für dieses Rezept verdoppelt wird, also 100 g statt 50g.
Rhabarber-Vanille-Tarte
Zutaten
Für die Füllung
750 g Rhabarber, in ca. 1 cm breite Stücke geschnitten
50 g Zucker
1 EL Stärke
Für den Boden
1/4 TL Salz
250 g Mehl
200 g Zucker
110 g weiches Kokosfett, gewürfelt
Schale einer Orange
Für den Guss
240 ml Sojamilch
30 g Stärke
50 g Zucker
Für die Garnierung
1 Rezept Marshmallowcreme, hergestellt mit 100 g Puderzucker
Vorgehensweise
1. Für die Füllung Rhabarber, Zucker und Stärke mischen.
2. Ungefähr eine Stunde durchziehen lassen, dabei gelegentlich umrühren.
3. Für den Boden Salz, Mehl und Zucker in einer Schüssel mischen.
4. Kokosfett und Orangenschale dazugeben.
5. Mit den Händen zu einem krümeligen Teig verarbeiten, dabei das Fett sehr gut einarbeiten.
6. Eine Springform (26-27 cm) einfetten und den Ofen auf 180°C vorheizen.
7. Teig in die Form geben und festdrücken. Einen Rand von ungefähr 2,5 cm hochziehen.
8. Sojamilch, Stärke und Zucker in einen kleinen Topf geben und so lange rühren, bis die Stärke aufgelöst ist. Zum Kochen bringen und ca. 1 Minute kochen, bis die Mischung eingedickt ist.
9. Auf den Boden gießen.
10. Den Rhabarber darauf verteilen.
11. 40 Minuten backen.
12. Währenddessen die Marshmallowcreme zubereiten (mit 100 g Puderzucker).
13. In eine Spritztüte geben und den Kuchen damit garnieren.
14. Die Backofentemperatur auf 200°C erhöhen und den Kuchen weitere 10 Minuten backen, bis die Marshmallowcreme gebräunt ist.
15. Kuchen vollständig abkühlen lassen, dann aus der Form lösen.